Wer wäre nicht gerne so richtig schlagfertig…Was für eine tolle Vorstellung: Die Fähigkeit zu besitzen, zu jeder Zeit auf jeden fiesen Spruch von anderen eine scharfzüngige Bemerkung auf der Zunge zu haben, die den anderen mundtot macht.
Jeder kennt die Situation, dass man einen, meist überraschend, unfairen Angriff erlebt, meist vor allen anderen, z.B. in der Teamsitzung. Und dass man so „baff“ ist, dass einem zu so viel Unverschämtheit oft einfach nur buchstäblich der Mund offen stehen bleibt. Und später, wenn der Moment schon lange vorbei ist, ärgert man sich immer noch. Über den anderen, der es wagt, einem so etwas zu sagen. Aber noch viel mehr über sich selbst, weil einem einfach erst jetzt (wenn überhaupt), dieser coole Spruch einfällt, dieser Konter, mit dem man aller Welt gezeigt hätte „mit mir nicht!“
Aber ist es wirklich so anstrebenswert, „Schlag-fertig“ zu sein?
Wenn jemand uns mit so genannten „Killerphrasen“ angreift, versucht er meistens – bewusst oder unbewusst – sich selbst in eine überlegene Position und uns in eine unterlegene Position zu bringen. Wenn ich nun scharfzüngig kontere, am besten so gekonnt, dass dem anderen dazu nichts mehr einfällt, dann fühlt sich das richtig gut an. Ich gehe als Sieger aus dem Wortgefecht hervor. Und dann?
Ein Sieg hinterlässt eben auch einen Verlierer. Wenn ich also „verbal zurückschlage“ bringe ich mich zwar in eine überlegene Position, aber den anderen dafür in die unterlegene Position. Wie bei einer Wippe. Entweder er fühlt sich herausgefordert und setzt nochmal einen obendrauf, dann ist ein verbaler Konflikt im Gange, der vermutlich nicht schöner wird, umso länger er dauert. Oder, der andere ist seinerseits sprachlos und ihm fällt dazu nichts mehr ein – aber in den meisten Fällen fühlt das sich für ihn ebenfalls nicht gut an. Er ärgert sich. Es bleibt ein Nachgeschmack, der möglicherweise auch die Beziehung in der weiteren Zusammenarbeit beeinträchtigt.
Was aber dann? Wirklich gekonnt gekontert wäre, wenn man es schaffen würde, durch die eigene Reaktion beide Positionen wieder auf Augenhöhe zu bringen, die „gleiche Höhe“ herzustellen, ohne dem anderen den vernichtenden Schlag zu versetzen. Dafür brauche ich keinen wahnsinnig spannenden, kreativen Konter. Wichtig ist in erster Linie, dass ich überhaupt reagiere. Dass ich gelassen bleibe und souverän mit der Situation umgehe. Am einfachsten ist es dann, zum Beispiel eine freundliche Rückfrage zu stellen, die den anderen in Erklärungsnot bringt und den Ball auf wertschätzende Art und Weise zurückspielt. Und die dadurch die Möglichkeit eröffnet, sachlich über das Thema zu sprechen.
Das wäre für mich echte, souveräne „Schlagfertigkeit“.
Wie gehen Sie mit solchen Situationen um?
Beitrag von Johanna van Staa,
Senior Consultant CEVEYCONSULTING
#kommunikation #gesprächsführung #konfliktmanagement